New York State of Mind
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Die Zeilen dieser Hymne auf New York, geschrieben von Billy Joel, schwirren mir im Kopf herum, als ich durch die Straßen der Stadt laufe. Sie wechseln sich dabei allerdings ab mit Billy Idols Hit „Hot in the City”, denn es ist heiß in New York. Kein Wunder, es ist immerhin Hochsommer – und Hochsaison.

Die Flieger nach JFK und Newark sind mittlerweile wieder entsprechend voll, New York City ist definitiv zurück unter den beliebtesten Destinationen für Kurz- und Städtetrips und das trotz Inflation und eines kräftigen Anziehens des Dollars.

Trotzdem sind die Straßen bei weitem nicht so voll wie vor der Pandemie. Die Hektik, die normalerweise vor allem in Manhattan herrscht, scheint nach wie vor heruntergefahren zu sein und es hat fast den Anschein als hätte die Stadt, die von sich behauptet, niemals zu schlafen, die Langsamkeit für sich entdeckt – wobei das Maß, an dem die Langsamkeit gemessen wird, selbstverständlich subjektiv ist.

Wie dem auch sei, die Gemächlichkeit und das Wetter laden mehr denn je dazu ein, die Stadt auf die langsame Tour, nämlich zu Fuß oder per Rad, zu erkunden und das Treiben unter freiem Himmel zu genießen.

Von Farbe durchdrungener Asphaltdschungel


Bei einer Tour per Pedes gibt es genug zu sehen, denn auch außerhalb seiner zahlreichen äußerst sehenswerten Museen und Galerien hat New York City Kunst jeglicher Fasson zu bieten. Auch wenn großformatige Gemälde an Hauswänden einen überwiegenden Teil der Kunstwerke ausmachen, gibt es zwischendrin immer wieder ganze Straßenzüge, die in bunten Farben erstrahlen, denn im Auftrag des New York Department of Transport nutzen verschiedene Künstler aus der ganzen Welt den Asphalt als großformatige Leinwand, um ihrer Kreativität Ausdruck zu verleihen. Seit mittlerweile zwölf Jahren möchte die städtische Verkehrsabteilung damit die Straßen nicht nur lebenswerter, sondern den urbanen Raum insgesamt sicherer machen. Zugleich soll das Gemeinschaftsgefühl in der jeweiligen Kommune gestärkt sowie Kunst einer breiten Öffentlichkeit zugänglicher gemacht werden.

Das jüngste Beispiel ist ein rund 700 Quadratmeter großes Gemälde mit dem Titel „Ripples of Peace and Calm”, das sich über die 14th Street südlich des Union Square erstreckt. Es wurde vom koreanischstämmigen Künstler Ji Yong Kim aus Brooklyn geschaffen, der ganz bewusst mit der Symbolik von Lotusblüten und Koi-Karpfen spielt. Während die Lotusblumen unter anderem die Hoffnung auf bessere Zeiten nach der Pandemie symbolisieren, stehen die Fische für das Durchhaltevermögen der asiatischen Gemeinschaft, die dank Corona besonderen Anfeindungen ausgesetzt war.

Kunst im öffentlichen Raum mit Bildungsauftrag


Generell setzen sich zahlreiche Kunstwerke im öffentlichen Raum – egal ob am Boden oder in der Vertikale – mit gesellschaftspolitischen bzw. aktuellen Themen auseinander. Die Künstler nutzen die Platzierung an stark frequentierten und gut sichtbaren Orten, um Aufmerksamkeit für verschiedene Themen zu wecken. Graffiti sind weit mehr als nur Vandalismus und längst gesellschaftsfähig geworden und die bekanntesten Künstler sprühen nicht selten im Auftrag verschiedener Organisationen oder auch Gemeinden ihre Botschaften an Haus- und andere Wände.

So möchte beispielsweise das Kollektiv „Street Art for Mankind” in Kooperation mit dem Büro des Bürgermeisters von New York City, der Internationalen Arbeiterorganisation sowie diversen Menschenrechtsorganisationen und Sponsoren Bewusstsein für Themen wie Kinderhandel und Kinderarbeit schaffen. Die Standorte der einzelnen von verschiedenen Künstlern geschaffenen Werke, genannt „Freedom Murals”, wurden bewusst gewählt und befinden sich alle im Umkreis der Vereinten Nationen in Midtown Manhattan. Die App „BehindTheWall” zeigt nicht nur die Standorte dieser sondern auch anderer thematisch gruppierter Graffitis in New York und weltweit an und bietet damit die Möglichkeit, die großformatigen Kunstwerke auf eigene Faust zu erkunden, während interaktive Displays Hintergrundinformationen zu den einzelnen Werken bieten.

Eine Tour wert sind außerdem die farbenfrohen Bilder des brasilianischen Künstlers Kobra, die sich mit einigen Ausnahmen hauptsächlich in Manhattan befinden. Se setzen sich hauptsächlich mit Figuren der jüngeren Geschichte, von Albert Einstein über Mutter Teresa und Andy Warhol bis Michael Jackson, auseinander, aber auch für New York prägende Orte und Themen wie die Freiheitsstatue, Ellis Island und 9/11 werden thematisiert.


Auf dem Drahtesel die Stadt umrunden


Da diese Werke etwas weiter voneinander entfernt sind, bietet es sich an, die Route mit dem Fahrrad abzufahren. Man sieht in New York mittlerweile immer mehr Fahrräder im Straßenverkehr und dank Digitalisierung ist es auch für Touristen ganz einfach, an ein Rad zu kommen. Ähnlich wie in vielen europäischen Großstädten gibt es überall in der Stadt E-Bike-Stationen, an denen die Fahrräder einfach per App entsperrt und an jeder beliebigen anderen Station wieder abgegeben werden können. Ausgewiesene Fahrradwege führen von Nord nach Süd und Ost nach West kreuz und quer durch die Stadt und das Netzwerk, das 2006 rund 820 Kilometer umfasste, ist mittlerweile auf über 2’000 Kilometer angewachsen.

Wer lieber abseits des Straßenverkehrs und etwas entspannter unterwegs ist, für den bietet sich eine Tour durch den Central Park ebenso an wie eine Fahrt entlang des Hudson River. Diese Strecke ist die am meisten befahrene Fahrradroute in den USA und wenn Sie auf der anderen Seite am East River entlang weiter fahren, können sie auf diesem Weg ganz Manhattan umrunden – Ausblicke auf Ellis Island mit der Freiheitsstatue, auf Brooklyn mit den verschiedenen Brücken sowie in die Straßenschluchten von Manhattan inklusive.

Ein besonders fahrradfreundliches Viertel ist außerdem das Meatpacking District. Nicht nur die Ansiedlung von Google im Jahr 2005, sondern auch die Eröffnung der Highline vier Jahre später brachte richtig Schwung in das Viertel. Es siedelten sich Boutique Hotels, schicke Restaurants und hochpreisige Mode-Labels in dieser europäisch anmutenden Gegend mit ihren kopfsteingepflasterten Straßen an. Neben der Highline – einer stillgelegten Bahntrasse, die in ein Naherholungsgebiet mitten in der Stadt umgewandelt wurde, lockte außerdem bald auch der Chelsea Market mit seinem reichhaltigen kulinarischen Angebot zahlreiche Touristen in das Viertel …

Der vollständige Artikel kann in der SeaZen Herbst-Ausgabe 2022 nachgelesen oder auf Spotify angehört werden:
https://open.spotify.com/episode/1eqy8TbuqEL2oLDwqnInQ5?si=a22607ecf3db4284

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