Victoria Falls – wo Wasser zu Rauch und Donner wird
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Abenteuer und Begegnungen am größten Wasserfall der Welt

Unsere Reise zum Wasser führt uns in diesem Heft auch an den Sambesi im südlichen Afrika. Mit gut 2.500 Kilometern ist er der viertlängste Fluss Afrikas und stellt entlang seines Verlaufs quer durch den Kontinent eine wichtige Lebensader für Menschen und Tiere dar. Mal schlängelt er sich gemächlich durch üppig grüne Landstriche, mal frisst er tiefe Schluchten ins Basaltgestein und manches Mal nimmt er an Fahrt auf, um sich in einen tosenden Wasserfall zu verwandeln. 

Von den zahlreichen Fällen und Katarakten des Sambesi sind die Viktoriafälle die wohl beeindruckendsten und auch bekanntesten. Auf einer Breite von 1.708 Metern donnert das Wasser hier an der Grenze zwischen Simbabwe und Sambia in die Tiefe. Am Ende der Regenzeit, im April, wenn der Fluss besonders viel Wasser führt, ergießen sich bis zu 625 Millionen Liter pro Minute über die Felskante in das 108 Meter tiefer gelegene Flussbecken. Diese schier unfassbaren Mengen führen zu einem dichten Sprühnebel, der hoch in den Himmel aufsteigt und noch kilometerweit entfernt zu sehen ist. Er verleiht den Viktoriafällen – benannt nach Queen Victoria – auch ihren ursprünglichen Namen: Mosi-oa-Tunya, der „Rauch, der donnert”. 

Gegen eine Eintrittsgebühr von 30 US-Dollar in Simbabwe und 20 US-Dollar in Sambia kommt man diesem donnernden Rauch besonders nahe. Wer nicht bis auf die Haut nass werden möchte, sollte daher auf einen Poncho, wie sie am Eingang zum Nationalpark verkauft oder verliehen werden, auf keinen Fall verzichten.

Abenteuerspielplatz für Touristen aus aller Welt

Hinter dem poetisch klingenden Namen Mosi-oa-Tunya verbirgt sich ein Abenteuerspielplatz erster Klasse. 1989 wurden die Viktoriafälle zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt und entsprechend haben sie sich ab den 1990er-Jahren zu einer beliebten Destination für Touristen aus aller Welt entwickelt. Heute gelten die Ortschaften Victoria Falls (Simbabwe) und Livingstone (Sambia) beiderseits des Flusses als Synonym für Abenteuer und Adrenalin. 

Eine Brücke verbindet die beiden durch den Fluss getrennten Länder und Touristen können ganz einfach von einem Staat in den anderen oder zumindest bis in die Mitte der Brücke spazieren. Letzteres macht Sinn, wenn man sich die Kosten für ein Tagesvisum (30 US-Dollar für Simbabwe und 25 US-Dollar für Sambia) im jeweils anderen Land sparen möchte. Von hier aus bieten sich ganz besonders tolle Ausblicke auf die Fälle einerseits und die tiefe Schlucht, durch die der Sambesi seinen Weg Richtung Mosambik und indischer Ozean fortführt, andererseits. 

Ziemlich exakt in der Mitte der Brücke können sich Wagemutige vor dem spektakulären Hintergrund der tosenden Wasserfälle in die Tiefe stürzen und diese aus einer ganz neuen Perspektive erleben, nämlich kopfüber. Sie haben die Wahl zwischen einem 111 Meter Bungee Jump oder einem sogenannten Rope Swing. Zweiteres soll wohl weniger angsteinflößend sein, da man hier am Becken anstatt an den Füßen angegurtet abhebt, während weiter unten, im Fluss, Raftingboote gegen die Stromschnellen ankämpfen. Schlussendlich gilt: „Adventure sells” – und diese Devise hat den Tourismus zu beiden Seiten der Viktoriafälle nicht nur kräftig angekurbelt, sondern auch am Leben gehalten – und zwar durch diverse politische, wirtschaftliche und gesundheitliche Krisen hindurch. 

Während Victoria Falls in Sachen Übernachtungszahlen lange Zeit die Nase vorn hatte (einfach dank der Tatsache, dass der Ort näher an den Wasserfällen liegt als Livingstone), änderte sich dies mit der Zeit aufgrund der politischen und ökonomischen Wirren und Unruhen in Simbabwe. Nach dem voraussichtlichen Höhepunkt der Corona-Krise liegen die Zahlen in beiden Ländern auf etwa demselben Stand. Freilich sind sie noch weit vom früheren Niveau entfernt, aber die Touristiker vor Ort geben sich zuversichtlich. Dies ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass aktuell zahlreiche US-Amerikaner die weite Reise hierher auf sich nehmen, um ein Stück Afrika zu entdecken, das relativ einfach zu erreich ist, da beide Ortschaften ihre eigene Flughäfen haben, die auch von internationalen Fluglinien angeflogen werden.

Auf Tuchfühlung mit der Natur

Abenteuer und Adrenalin mögen für eine Vielzahl der Touristen der hauptsächliche Beweggrund sein, hierherzukommen. Aber es geht auch anders – und zwar ganz abgesehen davon, dass sich ein Besuch schon allein aufgrund des Naturschauspiels, welches die Fälle rund um die Uhr zum Besten geben, lohnt. Nicht nur, wer den besonderen Kick sucht, scheint sowohl in Simbabwe als auch Sambia fündig zu werden: Neben Bungee Jumps, wilden Ritten durchs Wasser und Erkundungsflügen direkt über den Fällen gibt es auch gemächlichere Optionen, die Gegend zu erkunden. 

So werden sowohl in Simbabwe als auch in Sambia zahlreiche verschiedene Flussfahrten angeboten, von Kanu-Safaris über eine romantische Vollmondfahrt bis zur beliebten „Booze Cruise”. Letztere legt am späten Nachmittag ab, um im goldenen Licht des Spätnachmittags gemächlich den Sambesi entlang zu tuckern. Nur wenige Kilometer von den Fällen flussaufwärts, kann man kaum glauben, welche Kraft das Wasser wenig später entwickeln wird. Es ist spiegelglatt und wird höchstens durch die Bugwellen der einzelnen Ausflugsboote sowie durch ein paar Nilpferde gestört, die in Schilfnähe baden. Nicht selten kommt man auch an dem einen oder anderen Elefanten vorbei. Hier kommt man mit der Natur auf Tuchfühlung. Zahlreiche Tiere scheinen regelrecht darauf zu warten, sich für die Touristen ein Stelldichein zu geben und für die Kameras zu posieren. Sie machen jede Art von Bootsfahrt zu einem besonderen Erlebnis. Es wird übrigens davon abgeraten, zur Abkühlung vom Boot aus ins Wasser zu springen, denn der Sambesi beheimatet zahlreiche Krokodile – und die brauchen nicht lange, um sich über Beute herzumachen.

Wenn man sich an gewisse Regeln hält, gibt es allerdings keinen Grund zur Sorge und die Begegnung mit der Natur ist völlig ungefährlich. Gerade die trockenen Monate (Mai bis November) versprechen eine große Artenvielfalt. Dann kommen die Tiere zum Trinken an den Fluss und Elefantenherden wagen sich nah an besiedelte Gebiete oder sogar bis in die Ortschaften vor. Gemãchlich stolzieren die Dickhäuter dann über die Straße und versetzen mit ihrer Anwesenheit vor allem Besucher in Entzücken. 

Nilpferde, Krokodile und die „Big Five”

Wer Lust auf noch mehr Natur und die Begegnung mit wilden Tieren in freier Wildbahn bekommen hat, kann sich übrigens sowohl von Victoria Falls als auch von Livingstone aus auf Safari begeben. Mehrere Nationalparks sind von hier aus gut und einfach zu erreichen und haben von der luxuriösen Fünf-Sterne-Safari mit jeglichem Komfort bis zum rustikalen Erlebnis mit Übernachtung im Zelt für jeden Geschmack und jedes Budget etwas zu bieten.  Egal, ob 5 Sterne oder weniger, eine Safari ist immer ein Erlebnis, denn die Tiere kennen den Unterschied zwischen einer Edelherberge und einem einfachen Campingplatz nicht. Sie zeigen sich sowohl hier als auch da und mit etwas Glück bekommt man alle der sogenannten „Big Five”, also Löwe, Nashorn, Elefant, Leopard und Büffel, zu Gesicht beziehungsweise vor die Linse. Dazu Böcke und Gazellen, Giraffen, Zebras und die besonders fröhlichen Warzenschweine. 

Und als Zuckerguss oben drauf rundet ein unglaublicher Sternenhimmel das ohnehin schon außergewöhnliche Naturerlebnis ab. Da fühlen sich selbst Schlafsack und Zelt wie fünf Sterne de luxe an. 

Eine Reise zu den Viktoriafällen macht es relativ einfach, sich an das hier vorherrschende Tempo anzupassen und sich einfach einmal treiben zu lassen. Das Leben vor Ort gleicht in etwa dem Rhythmus des Flusses: bedächtig, gelassen und dabei doch rege und munter – und vor allem bunt. Wer sich darauf einlassen kann und will, wird mit einzigartigen Momenten und Begegnungen belohnt und mit zahlreichen einzigartigen Erinnerungen nach Hause zurückkehren.

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